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No Future 2.0 oder Was uns nicht tötet, macht uns Angst

Prekarisierung als Herrschaftsinstrument

Um die Rolle der Prekarisierung in der aktuellen Gesellschaftsform zu verstehen, greife ich zunächst zurück auf die Affektheorie des US-amerikanischen „Institute for Precarious Consciousness“. In ihrem Papier „Sechs Thesen über die Angst, warum sie effektiv Militanz verhindert und eine mögliche Strategie zu ihrer Überwindung“ entwickeln sie einen Affektbegriff von bestimmten, zeitlich abhängigen, kollektiven Gefühlen, die im Kapitalismus die Etablierung politischer Utopien effektiv verhindern. In der Frühphase ist dies das Elend der Arbeiter*innenklasse, welche politisches Engagement dieser Gruppe verhindert. Nachdem das Elend durch den sozialen Kampf in den Industriegesellschaften weitgehend verdrängt wurde, griff in der Phase des Fordismus die Langeweile ein. Nachdem auch diese effektiv bekämpft wurde, etablierte sich mit der Angst im Spätkapitalismus der aktuell herrschende Affekt. Ein wichtiges Merkmal eines solchen Gefühls ist, dass er ein offenes Geheimnis ist, welches vielfältigen Verschleierungstendenzen unterworfen ist. So herrschte in der in der Frühphase die Erzählweise vor, dass jede*r es zu Erfolg schaffen könne, während ein Großteil der Arbeiter*innen im Elend lebte. Dieser Kontrast wurde nicht etwa als notwendig falsches Bewusstsein gesehen; vielmehr wurde die Ursache für das Elend der Menschen auf diese selbst projiziert. Das Problem wurde personalisiert. Diese Merkmale findet man auch bei der kollektiven Angst wieder. So werden Depressionen und Burn Out vor allem als Krankheiten gesehen, die innerhalb des*der Kranken entstehen. Inwiefern die Angst reglementiert und unterdrückt, soll im Folgenden ausgeführt werden. Zunächst soll dazu der Zusammenhang zwischen Angst, Prekarisierung und Neoliberalismus gezogen werden. Offensichtlich waren der Umbau der Wohlfahrtsysteme und der Arbeitswelt entscheidend mitverantwortlich für die Etablierung prekärer Lebens- und Arbeitsverhältnisse. Seien es die Hartz-Gesetze, welche Erwerbslose in die ökonomische und soziale Krise stürzten, sei es die massenhafte Ausbreitung von Leiharbeit und befristeten, schlecht bezahlten Arbeitsverträgen – solche Prozesse führten die Unsicherheit bei den Menschen herbei, welche die Prekarität massiv ausmacht. Als prekär wird also ein Arbeitsverhältnis dann bezeichnet, wenn es deutlich unter dem durchschnittlichen Einkommens-, Schutzund sozialem Integrationsniveau liegt und beim Betroffenen subjektiv mit dem Empfinden von Sinnverlust, Anerkennungsdefiziten und Planungsunsicherheit einhergeht.1)  Als Folge dieses Empfindens manifestiert sich bei prekär Arbeitenden und Lebenden das angesprochene Gefühl der Angst. Sie wird verstärkt durch staatliche und mediale Repression, wie den Überwachungswahn oder auch TV-Sendungen, die persönliche Geschmäcker reglementieren und normieren.

Warum wir über die Angst sprechen müssen

Der Grund für diese weitreichende Einführung liegt in den Folgen der herrschenden Angst auf unsere politische Arbeit und unser Leben im Allgemeinen. Zum einen belastet die Personalisierung vor allem psychisch Kranke massiv, da sie für ihre Krankheit verantwortlich gemacht werden, obwohl dem größtenteils nicht so ist. Solange die systemischen Ursachen von Depressionen und Burnout nicht klar sind, ist es kaum möglich, die weitere Ausbreitung dieser Krankheiten effektiv einzudämmen. Indem die Angst verschwiegen wird, besteht die Gefahr des Projizierens „nach unten“. Der PEGIDA-Rassismus ist das Resultat eines solchen Prozesses, wo für die eigenen Existenzängste verantwortlich gemacht werden, welche „uns die Arbeit wegnähmen“. Außerdem hemmt die Angst – ähnlich wie beim Elend im 19. Jahrhundert – unsere politische Handlungsfähigkeit. Solange wir uns darum kümmern müssen, dass unser einjähriger Arbeitsvertrag regelmäßig verlängert wird, haben wir keine Zeit, uns mit politischen Utopien auseinanderzusetzen, die eine Zukunft fernab des Kapitalismus‘ zeichnen. Das Nichtaussprechen persönlicher Ängste verschleiert die Machtverhältnisse im aktuellen System. Außerdem erzeugt die Unsicherheit und gefühlte Ausgeliefertheit gegenüber dem System Hoffnungslosigkeit und Ohnmacht, welche politische Arbeit als sinnlos und zeitverschwendend abtut.

Was tun?

Das „Institute for Precarious Consciousness“ schlägt im oben angesprochenen Text auch eine Lösung in Form einer prekaritätsorientierten Bewusstseinsbildung vor. Demnach sollen sich Handlungsperspektiven nicht aus bestehenden Theorien entwickeln, sondern vielmehr aus unseren Erfahrung. Zunächst ist dazu nötig, in einer Gruppe über persönliche Erfahrungen mit Prekarität und der Angst zu sprechen. Dadurch werden einerseits Informationen gebündelt, andererseits transformiert sich das offene Geheimnis der Angst in ein Faktum. Infolgedessen ist es nötig, die gesammelten Erfahrungen zu theoretisieren und die systemische Natur der Angst offenzulegen. Einerseits lässt sich durch das Veröffentlichen dieser gewonnenen Informationen die Deutungsmacht über das eigene Gefühl wieder gewinnen, anstatt dem System die Personalisierung der Angst zu überlassen. Andererseits wird dadurch die Angst in Wut gegen den Urheber, also das System transformiert. Erst mit dieser Wut – gesetzt dem Fall, dass sie (selbst-) reflektiert ist – wird es wieder möglich sein, ernsthafte politische Utopien zu denken, zu formulieren und als realistisch anzusehen.

1) Brinkmann, Dörre, Röbenack, Prekäre Arbeit, Bonn 2006, Seite 17

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ICH BRAUCHE GELD, …

… viel Geld. Der einzige Weg zum Ziel: ARBEIT. Ich begab mich schnell auf die Suche nach einem annehmbaren Job, der mir auch durchaus Spaß machen könnte. Ich liebäugelte sofort mit der Stelle als Promoterin. Ich war froh, fast schon euphorisch, denn ich hatte einen Monat Arbeit vor mir in Berlin, Hamburg oder Frankfurt, die Unterkunft sollte mir gestellt werden. Perfekt: Tagsüber Geld verdienen und sich gleichzeitig für Gleichberechtigung und Meinungsfreiheit einsetzen und abends in das Nachtleben der Großstadt eintauchen. Für mich der Ausweg aus dem ewigen Dorfidyll in eine grenzenlose Autarkie, in der ich Verantwortung übernehme und mich selbst ausprobiere … Sorgen oder Ängste hatte ich gegenüber diesem Job nicht, ich sah alles als Herausforderung an und wollte diese annehmen. Ich freute mich auf kontroverse, interessante Debatten mit den verschiedensten Menschen aus allen Milieus. Das ist das, was ich als junger, aktiver Mensch wollte, vier Wochen lang Erfahrung auf der Straße einer Großstadt sammeln und nebenbei Geld verdienen. Es kam nun endlich der Tag, an dem alles begann. Hochmotiviert machten wir uns alle am Sonntag auf den Weg zu der notwendigen Schulung vor Arbeitsbeginn auf der Straße. Super, es war gemeinsames Frühstück angekündigt – Kaffee, Kippchen, Essen und mit netten Menschen in den Sonntagmorgen starten. Wir kamen an, die Teamleiter_in war da und jeder von uns bekam ein Glas Leitungswasser und es sollten neun Stunden Schulung beginnen, tolles Frühstück! Die Schulung war anstrengend und für mich auch etwas grotesk. Wir bekamen einen Gesprächsleitfaden eingehämmert und sollten diesen im Schlaf herbeten können, immer wieder übten wir lächeln und wie wir am besten unauffällig den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen. Spontanität? Sich einfach auf den Menschen, der vor einem stehen wird, einstellen? Spontane Diskussionen? NEIN! – An diesem Punkt ging mein Traum von kontroversen Diskussionen mit Menschen verloren. Ich merkte, ich sollte keinen kennenlernen und mit ihm die Meinung über Missstände in aller Welt austauschen und mich selbst weiterentwickeln und die Menschen vielleicht zum Nachdenken anregen … Ich sollte den Menschen ihr Geld nehmen. Irgendwie nahm die Schulung kein Ende, als ich dachte, ich kann alles und bin bereit für den nächsten Tag, meinte die Teamleiter_in, es sei noch nicht einmal die Hälfte geschafft. Im Folgenden lernten wir auswendig, wie wir auf Aussagen von Passant_innen antworten, spontan und situationsabhängig? NEIN! Es wird allen das gleiche erzählt, keiner der Menschen wird individuell behandelt, denn es führt nur ein Weg zum Ziel! Die vorgeschriebenen Antworten gefielen mir teilweise nicht und ich sagte auch, dass ich solche Dinge nicht auf der Straße sage. Dinge wie: „Auf der Straße unterschreibe ich nicht, denn ich wurde schon oft enttäuscht von solchen Organisationen“, sollten so beantwortet werden: „Klar, das verstehe ich, aber schau mal, wenn du einmal von einem Mädchen enttäuscht oder hintergangen wurdest, hörst du doch trotzdem nicht auf, den Mädels auf der Straße hinterher zu schauen.“ Und nun: Das erste Mal auf der Straße stehen … unser Teamleiter war weg und wir waren von der ersten Minute auf uns selbst gestellt. Wir waren zu viert und tauschten uns natürlich auch zwischendurch aus und erzählten uns von Gesprächen, Erfolgen und Misserfolgen. In so einem Job wird man ständig psychisch belastet, denn die Menschen, mit denen man spricht, haben die verschiedensten Schicksale und Geschichten, die oft schockierend sind und nach solch einem Gespräch brauchte ich erstmal kurz Ruhe und wollte das natürlich auch mit meinem Team besprechen. Dann kam der Teamleiter zurück und es gab heftig Ärger! Wir haben nicht mit den Leuten zu quatschen, wenn wir merken, sie haben etwas zu erzählen, aber kein Geld – dann müssen wir das Gespräch abbrechen, sofort! Wir haben nicht unsere Meinung zu vertreten, wir dürfen nicht wir selbst sein. Wir wurden kontrolliert und überwacht, sobald man nicht lächelte oder Augenkontakt mit einem anderen Teammitglied hatte oder den Gesprächsleitfaden umstrukturierte, gab es sofort ein Einzelgespräch mit Vorwürfen und man bekam gesagt, dass man das schwächste Glied der Gruppe sei und alle anderen nur runterzieht. Mir wurde alle Menschlichkeit verboten, sobald ich sie leben wollte und ich selbst war, kam die Teamleiter_in und es gab Ärger und einen Anruf beim Chef, ich fühlte mich persönlich angegriffen und unterdrückt. Ich fühlte mich wie eine Maschine, die zwanghaft programmiert wurde, um Geld heranzuschaffen. 19 Uhr endlich vorbei, ich freute mich darauf, wieder ich selbst zu sein und nicht anderen Menschen etwas vorspielen zu müssen, weil ich Geld von ihnen haben möchte. Tja, Fehlanzeige, wie gesagt, was im Vertrag steht, ist doch egal! Wir arbeiten natürlich länger, machen unbezahlte Überstunden und bei einer vorsichtiger Nachfrage, warum wir immer noch arbeiten müssen, kam die Antwort: „Ich bestimme, wann Schluss ist und nicht ihr. Wir machen so lange, bis jeder die vorgegebene Anzahl an Spendenverträgen abgeschlossen hat.“ Als die Teamleiter_in endlich beschloss abzubauen, mussten wir noch eine Stunde in das Büro fahren für eine Teambesprechung und um aufzuräumen. In der ersten Teambesprechung gab es kein positives Feedback, nein wir wurden fertig gemacht, kritisiert und beleidigt. Nach dem ersten Tag fühlte ich mich wie ein Wrack – ich wollte und konnte nicht mehr. Ich wollte es mir selbst beweisen und machte weiter – doch die Unterdrückung hörte nicht auf. Unsere Gruppe war ein Dorn im Auge der Organisation! Wir verstanden uns untereinander zu gut, wir fragten zu viel nach und erlaubten uns sogar zu kritisieren – Oh mein Gott, wir nahmen es uns raus, unsere eigene Meinung frei zu sagen! Ich verstand die Welt ab diesem Zeitpunkt nicht mehr – ich erzählte den Menschen, dass sich die Organisation für Menschenrechte wie Meinungsfreiheit auf der ganzen Welt einsetzt und dafür tagtäglich kämpft, aber mir selber wurde als Arbeiterin der Mund verboten? Ja das war die Realität, der Kampf um Gleichberechtigung und Humanität wurde instrumentalisiert, um Menschen mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn das Geld aus der Tasche zu ziehen. WILLKOMMEN IM KAPITALISMUS. Ich hielt es nicht lang durch, bei dem Satz: „Menschenrecht ist nicht gleich Arbeitsrecht!“ musste ich einfach gehen. Ich arbeite nicht für eine wohltätige Organisation, die mich so verbiegt, damit ich funktioniere wie eine Maschine. Mein Traum von Großstadt und aktiver Arbeit war geplatzt. Völlig übermüdet, psychisch zerstört und traurig fuhr ich in mein Dorfidyll zurück. Es fühlte sich an wie ein Sektenaustritt, denn ich war endlich wieder frei! Ich durfte endlich wieder meine Meinung sagen, ich durfte wieder ich selbst sein ohne als aggressive, organisationsgefährdende, linke Feministin abgestempelt zu werden. Wieder kein Geld …

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Das Grundeinkommen und die Analyse des Kapitalismus im „Kapital“ von Karl Marx

Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist ein Konzept, das sich aus vielerlei Perspektiven begründen lässt. Bei manchen Befürworter_innen erfolgt dies aus einer humanistisch-ethischen, menschenrechtlichen Motivation heraus, nämlich jedem Menschen aufgrund seiner bloßen Existenz ein menschenwürdiges Dasein ohne Vorbedingungen zu ermöglichen. Andere wiederum fordern ein BGE aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen. Hier sei z.B. an die „Bergpredigt“ Christi aus der Bibel erinnert. Die Notwendigkeit eines BGE kann allerdings auch marxistisch hergeleitet werden, was an dieser Stelle verdeutlicht werden soll. Bei seiner Analyse des Produktionsprozesses des Kapitals, d.h. im ersten Band seines monumentalen Werkes, stößt Marx auf eine Gesetzmäßigkeit kapitalistischer Entwicklung. Er weist nach, dass sich mit fortschreitender Akkumulation des Kapitals seine Zusammensetzung verändert. Je weiter die kapitalistische Produktionsweise sich entwickelt, desto mehr nimmt der Anteil des variablen Kapitalteils, der Arbeitskraft, der an der Mehrwertproduktion beteiligt ist, zugunsten des konstanten Kapitalteils ab, worunter Marx die Produktionsmittel, also z.B. Maschinen und andere technische Komponenten des Produktionsprozess versteht. Die allgemeine Entwicklungstendenz der kapitalistischen Produktionsweise führt demnach zu einer fortschreitenden Freisetzung von Arbeitskräften. Da die Mechanisierung und Rationalisierung des Produktionsprozesses sich in kapitalistischen Produktionsverhältnissen vollzieht, bedeutet diese „Freisetzung“ für die betroffenen Arbeiter_innen Not und Elend, egal übrigens ob sie weiterhin direkt am Produktionsprozess beteiligt sind oder in die stetig wachsenden „industriellen Reservearmeen“ hinein gestoßen, d.h. arbeitslos werden. Denn der_die Arbeiter_in im Kapitalverhältnis ist „doppelt frei“. Er_sie verfügt frei über seine_ihre Arbeitskraft, ist allerdings auch frei vom Besitz an Produktionsmitteln, womit er_sie seinen_ihren Lebensunterhalt selbstständig erwirtschaften könnte. Damit ist er_sie im Kapitalismus gezwungen seine_ihre Arbeitskraft, gleich unter welch schlechten Bedingungen um den Preis seiner_ihrer Existenz an das Kapital zu verkaufen. Damit geht kapitalistische Mechanisierung und Rationalisierung paradoxerweise einher mit steigenden Arbeitszeiten und Intensivierung der Arbeit für die, die sich noch im Produktionsprozess befinden, auch weil die „industriellen Reservearmeen“ vom Kapital zum Drücken der Löhne und allgemein als Kampfmittel gegen die Interessen der Arbeiter_innen benutzt werden, indem u.a. die Furcht der Arbeiter_innen vor dem Verlust ihrer Existenzgrundlage, nämliche ihre Arbeitskraft nicht mehr verkaufen zu können, ausgenutzt wird. Marx selber hat nie explizit ein Grundeinkommen gefordert. Überhaupt hält er sich insbesondere im „Kapital“ mit dem Ausblick auf eine sozialistische Zukunftsgesellschaft, bzw. mit Anleitungen, wie diese überhaupt erreicht werden soll, zurück und beschränkt sich auf die Analyse der historisch-dialektischen Fortentwicklung seines Forschungsgegenstandes, des Kapitals. Er geht davon aus, dass die Arbeiter_innen irgendwann das für sie untragbare Kapitalverhältnis rationell durchschauen lernen, Bewusstsein über ihre Lage gewinnen, sich organisieren und dieses Verhältnis in seiner gesellschaftlichen Gesamtheit revolutionär abschaffen und durch einen wie auch immer gearteten „Verein freier Menschen“ ersetzen werden. Die Geschichte der letzten 150 Jahre seit Erscheinen des „Kapitals“ zeigt, dass diese Annahme von Marx so nicht zutreffend ist. Ein Grund hierfür ist, dass Menschen, die um ihre Existenz fürchten, nur bedingt dazu in der Lage sind, rationell Verhältnisse zu reflektieren. Häufig suchen sie nach Schuldigen für ihre prekäre Lage, resignieren oder richten ihre daraus entstehende Wut und Aggressionen im schlimmsten Fall gegen jene, denen es noch schlechter ergeht als ihnen selbst. Ein bedingungsloses Grundeinkommen trägt daher nicht nur der von Marx entdeckten Gesetzmäßigkeit Rechnung, dass ein hochentwickelter Kapitalismus nur noch ein Minimum an Arbeitskräften für seine Reproduktion und Akkumulation benötigt. Es lässt ihn daraus außerdem nicht eine Waffe gegen die noch Beschäftigten schmieden, sondern macht diese Waffe im Gegenteil von vornherein stumpf, da die Gewährleistung auf eine auskömmliche Existenz vom „freien“ Verkauf der Arbeitskraft entkoppelt wird. Indem das Grundeinkommen den Menschen die Existenzangst nimmt, erleichtert es ihnen zudem, sich ihrer Lage und der gesellschaftlichen Verhältnisse bewusst zu werden und möglicherweise zu erkennen, dass das kapitalistische Ganze radikal in Frage zu stellen ist und nicht nur einzelne Symptome oder vermeintlich „Schuldige“. Das Grundeinkommen begründet damit nicht den „Verein freier Menschen“, den es unter kapitalistischen Herrschaftsverhältnissen nicht geben kann, aber es ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin. Es ist ein Stück revolutionärer Realpolitik, im Kapitalismus durch Reformen zu verwirklichen und trotzdem über ihn hinausweisend.