7:10 Uhr, ich betrete das Schulhaus und begutachte den Vertretungsplan. Yeah, morgen zwei Stunden eher nach Hause, weil unsere Lehrerin krank ist. Mist! Aufgaben – wo bekomm ich die denn jetzt wieder her? Also geht der erste Weg zum Lehrerzimmer – haben Sie Aufgaben für die Ausfallstunden morgen? – Nein! Der zweite Weg zum Vertretungsplanmenschen – haben Sie Aufgaben für mich? – Nein! – Dann kann ich ohne Aufgaben nach Hause gehen? – Ja! Auf dem Weg ins Klassenzimmer stellt sich mir die Frage, ob die Aufgaben überhaupt als Ausfallstunden zählen.. Im Schulhalbjahr 2012/2013 fanden in Sachsen 10,19%¹ der Unterrichtsstunden nicht ordnungsgemäß statt. Besonders vom Ausfall betroffen sind allgemeinbildende Förderschulen und berufsbildende Schulen. Es ist deshalb dringend notwendig, den Ausfallstunden entgegenzuwirken, um allen Schüler_innen gleiche Chancen auf Bildung zu ermöglichen. Klassenzimmer, so voll wie immer, etwa 24 Schüler_innen drängen sich ins Physik-Fachkabinett. Schülerexperiment, Elektrizitätslehre – super! – Ihr dürft erst anfangen, wenn ich die Schaltung abgenommen hab! – Ich bin schon am -Wegräumen, während unsere Lehrerin in der letzten Reihe noch Schaltungen abnimmt. Diesmal hatte ich aber auch Glück – Messegeräte ohne Wackelkontakt. Als wir die Protokolle abgeben, fehlen den Menschen aus den hinteren Reihen noch einige Messwerte, während sich die vorderen Bankreihen gelangweilt in die Pause begeben. In der Pause stellt sich mir die Frage, warum sich so viele Schüler_innen um eine_n Lehrer_in streiten müssen und ob solch eine Situation überhaupt zu fairer Benotung führen kann… Kleinere Klassen und zusätzliche Lehrerkräfte würden für ein besseres Lernklima in den Klassen sorgen und den Lehrer_innen bessere Möglichkeiten bieten, auf die Lernenden einzugehen! Aufgrund der Altersstruktur der Lehrer_innen in Sachsen werden 2020 über 8000 Lehrkräfte fehlen. Nach 20 Minuten Erholung: Biologie. Zellen zeichnen, die systematische Darstellung einer Zelle nicht als Kopie sondern vom Polylux, auf den man schlagen muss, damit er angeht – wieso nicht als Kopie wie die Jahre zuvor? Weil den Lehrern keine Kopien bezahlt werden und wir sie nicht bezahlen dürfen – Lernmittel! In Biochemie wurde dafür eine andere Lösung gefunden – gebt mir euren USB-Stick, ich zieh euch die Arbeitsblätter drauf und ihr könnt sie euch dann von Stunde zu Stunde ausdrucken. Immer, wenn ich den Drucker mit Papier füttere, stellt sich mir die Frage, ob ich nicht günstiger kommen würde, wenn der Lehrer 50 Cent eingesammelt hätte… Im Frühjahr 2012 urteilte das Oberverwaltungsgericht Bautzen, dass die Kosten für Kopien von den Schulen zu tragen sind. Lehr- und Lernmittelfreiheit ist unbedingt notwendig und in unserer Verfassung festgeschrieben, aber es darf nicht bedeuten, dass keine Lernmittel mehr für die Schüler_innen zur Verfügung stehen.
¹ (2. Unterrichtsausfallstatistik des Landesschülerrates Sachsen)